von Prof. Dr. Patrick Peters, oezpa-Team
Diversity Management ist längst mehr als ein gesellschaftspolitisches Schlagwort – es ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für Unternehmen, die langfristig wettbewerbsfähig bleiben möchten. In einer immer diverseren Gesellschaft und einem globalisierten Marktumfeld bringt Vielfalt zahlreiche Vorteile: Unternehmen, die auf ein professionelles Diversity Management setzen, profitieren von besseren Innovationsergebnissen, einer gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit und einer stärkeren Arbeitgebermarke. Doch was genau bedeutet Diversity Management in der Praxis? Der Ansatz geht weit über die bloße Anerkennung von Vielfalt hinaus und umfasst einen bewussten, strategischen Ansatz, um eine inklusive und chancengerechte Unternehmenskultur zu schaffen. Dabei spielt nicht nur die Förderung von Diversität in Bezug auf Geschlecht, Alter oder kulturellen Hintergrund eine Rolle, sondern auch die gezielte Auseinandersetzung mit sozialen, religiösen, körperlichen und kognitiven Unterschieden sowie mit der sexuellen Identität und geschlechtlichen Orientierung.
Diversity Management spielt zentrale Rolle in der Personal- und Entscheidungsfindung
Ein wirksames Diversity Management integriert daher auch Inklusion, indem es sicherstellt, dass alle Mitarbeitenden unabhängig von ihrer Herkunft oder persönlichen Merkmale gleichberechtigt Zugang zu Entwicklungsmöglichkeiten haben und ihre Perspektiven gehört werden. Chancengleichheit bedeutet, systemische Barrieren abzubauen, die bestimmte Gruppen benachteiligen könnten – sei es durch unbewusste Vorurteile (Unconscious Bias), stereotype Denkmuster oder ungleiche Strukturen in Rekrutierungs- und Beförderungsprozessen. Besonders die Identifikation und Auflösung von Unconscious Biases, also unbewusster Vorurteile, spielt eine zentrale Rolle in der Personal- und Entscheidungsfindung. Oft beeinflussen tief verwurzelte Denkmuster unbewusst, welche Kandidat:innen eingestellt, befördert oder mit wichtigen Projekten betraut werden. Unternehmen, die Diversity Management ernst nehmen, setzen daher gezielt auf Sensibilisierungstrainings und strukturelle Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Entscheidungsprozesse objektiv und chancengleich ablaufen.
Die Vorteile im Überblick
Konsequentes Diversity Management heißt, Vielfalt zuzulassen und sie aktiv zu gestalten, in Unternehmensstrukturen zu verankern und von oberster Führungsebene bis ins operative Geschäft als Erfolgsfaktor zu begreifen. Denn nur, wenn Vielfalt nicht nur sichtbar, sondern auch erlebbar ist, profitieren Unternehmen langfristig von einer inklusiven und innovativen Unternehmenskultur. Daraus entstehen messbare Vorteile:
- Innovationskraft und Kreativität: Unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen bereichern Teams und führen zu kreativeren Problemlösungen.
- Bessere Marktanpassung: Ein diverses Team versteht die Bedürfnisse unterschiedlicher Kundengruppen besser.
- Mitarbeitendenzufriedenheit und -bindung: Eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur steigert die Loyalität der Beschäftigten.
- Reputation und Arbeitgebermarke: Unternehmen mit gelebter Diversity ziehen Talente an und verbessern ihr Image.
- Rechtliche Absicherung und Compliance: In vielen Ländern gibt es klare Vorschriften zur Antidiskriminierung und Gleichstellung, die Unternehmen beachten müssen.
Von der Analyse bis zur dauerhaften Überprüfung
Damit Diversity Management jedoch nicht nur ein theoretisches Konzept bleibt, sondern praktisch wirksam wird, bedarf es eines systematischen Vorgehens. Eine Beratung zum Diversity Management folgt einem strukturierten Prozess, der auf die individuellen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen des Unternehmens abgestimmt wird. Die folgende Skizze zeigt einen stringenten Ablauf – von der Analyse bis zur Implementierung und dauerhaften Überprüfung.
Der erste Schritt besteht in der Analyse der Ausgangslage. Dabei stehen die Bestandsaufnahme der aktuellen Diversity-Kultur und Unternehmenskultur und die Identifikation von Stärken, Herausforderungen und möglichen Barrieren im Fokus, beispielsweise durch Befragungen und Workshops mit Führungskräften und Mitarbeitenden. Im Anschluss findet die Analyse vorhandener Daten hinsichtlich Geschlechterverhältnis, Altersstruktur, Migrationshintergrund, Gehaltsgleichheit etc. statt. Daraus folgen dann Zieldefinition und Strategieentwicklung, also die Festlegung konkreter Diversity-Ziele, zum Beispiel die Förderung von Frauen in Führungspositionen, die Verbesserung der interkulturellen Zusammenarbeit, die Reduktion von unbewussten Vorurteilen in Entscheidungsprozessen, die Entwicklung einer maßgeschneiderten Diversity-Strategie und die Integration von Diversity-Zielen in die Unternehmensstrategie.
Wichtig: Verankerung in der Unternehmenskultur
Ist dies geschehen, geht es an die Maßnahmenplanung und Umsetzung. Eine Möglichkeit sind Sensibilisierungstrainings und Unconscious-Bias-Workshops für Mitarbeitende und Führungskräfte, um die Themen konsequent zu besetzen und zu verankern. Ebenso ist die Anpassung von Rekrutierungs- und Beförderungsprozessen für mehr Chancengleichheit regelmäßig ein wichtiger Aspekt – denn nur so kann wirklich eine vielfältige Organisation entstehen, genau wie durch den Aufbau von Netzwerken (zum Beispiel für Frauen oder die LGBTQ+-Community). Zuletzt kann auch die Einführung flexibler Arbeitsmodelle zur Förderung von Inklusion helfen, etwa für eine größere Chancengerechtigkeit für Frauen mit Kindern oder Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen.
Der nächste Schritt umfasst die Verankerung in der Unternehmenskultur. Diversity-Richtlinien sollten zwingend in Führungsleitlinien und Unternehmenswerte integriert werden, um deren Bedeutung und Wert für die Organisation deutlich herauszustellen. Ebenso kann Diversity zu einem messbaren Key Performance Indicator in Personal- und Geschäftsberichten werden, etwa die Erhöhung der Frauenquote in Führungspositionen oder der Anteil an Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung an allen Neueinstellungen in einem bestimmten Zeitraum. Wichtig ist zudem die Ernennung von Ansprechpersonen für Vielfaltsfragestellungen oder sogar festen Diversity-Beauftragten zur konsequenten Förderung des Vielfaltsklimas und zur Sicherstellung der Strukturen.
Kontinuierliche Bewertung und Anpassung notwendig
Monitoring und Evaluation stellen den letzten Schritt im Integrationsprozess dar. Das meint nichts anderes als die regelmäßige Überprüfung der Diversity-Maßnahmen und Anpassung bei Bedarf. Die dafür notwendigen Informationen entstehen aus Mitarbeitendenbefragungen und Feedback-Runden, der kontinuierlichen Berichterstattung über Fortschritte und Herausforderungen und der dauerhaften Anpassung und Verbesserung der Diversity-Strategie bei neuen Entwicklungen, Vorschriften etc., die das Vielfaltsmanagement immer wieder herausfordern werden.
Ein nachhaltiges Diversity Management stellt daher kein kurzfristiges Projekt dar, sondern einen langfristigen Veränderungsprozess. Unternehmen, die Vielfalt aktiv fördern, profitieren nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell. Die richtige Beratung hilft dabei, diesen Wandel strategisch anzugehen und Diversity als integralen Bestandteil der Unternehmensidentität zu etablieren. Unternehmer und Geschäftsführer sollten also die Scheu vor Diversity Management verlieren und einen Weg finden, das Konzept professionell im Betrieb umzusetzen und die Entwicklung kontinuierlich zu messen. Diversity Management ist ein Thema für Gegenwart und Zukunft mit großem Nutzen für alle Beteiligten. Es kommt nicht auf die Unternehmensgröße an, denn Erfolg hat in diesem Falle nur drei Buchstaben: das „Tun“!